Sarina Bowen: The Ivy Years. Bevor wir fallen

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Nach langen Tagen ist eine leichte, kurzweilige Leküre mit einer Prise Tiefgang die perfekte Entspannung für mich. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich vom LYX-Verlag das Rezensionsexemplar zu The Ivy Years. Bevor wir fallen von Sarina Bowen bekommen habe. Durch die vielen Instagramposts zu dem Buch, hatte ich bereits zuvor grob das Setting und die Protagonisten recherchiert und war voller Eifer, das Buch zu verschlingen.

Im Genre New Adult angesiedelt, dreht sich die Geschichte um die Collegestudenten Corey Callahan und Adam Hartley. Zu Beginn des Buches sind beide durch Sportverletzungen mit körperlichen Einschränkungen konfrontiert – Adam hat sich das Bein gebrochen und Corey ist aufgrund einer Rückenmarksverletzung auf den Rollstuhl oder Gehhilfen angewiesen. Diese Grundkonstellation fand ich unglaublich vielversprechend, da New Adult dafür bekannt ist, seine Charakteren mit einer dunklen Vergangenheit auszustatten. Diese in Form einer körperlichen Behinderung einzuführen, versprach für mich die notwendige Tiefe, die ich brauche, wenn ich Romane aus dem Genre lese. Leider wurden die einzelnen Geschehnisse jedoch rasant schnell abgearbeitet und immer wieder dann zur nächsten Szene gewechselt, wenn ich gerade angefangen habe, ein Gefühl für die Situation zu bekommen. So ist Corey zwar sympathisch, aber doch recht eindimsensional und nicht recht nachvollziehbar in ihren Schwärmerein für Hartley, die sich vor allem auf seine äußerliche Attraktivität stützen. Eine Oberflächlichkeit, die sie nicht müde wird zu kritisieren. Gewünscht hätte ich mir hier, vor allem bei Corey, mehr inneren Dialog und Einblicke in ihre Gefühlswelt mit der eigenen Situation. Wirklich gelungen war diese Innenperspektive nur als sie und Hartley über die Ferien getrennt waren.
Allgemein hätte ich mir plastischere Nebencharaktere gewünscht, sei es Coreys Bruder, ihre Mitbewohnerin oder Hartleys Freundin.
Einige Kapitel sind auch aus Hartleys Sicht erzählt und diese wiederum fand ich gelungen, da ich so ein Gefühl für seinen Charakter entwickeln und sein Verhalten nachvollziehen konnte.
Gefallen hat mir auch, dass die Behinderung und ihre Konsequenzen für einen normalen Uni-Alltag realistisch und nachvollziehbar beschrieben sind. Erzählerisch werden keine Abkürzungen gegangen, sondern jeweils beschrieben, wie die Figuren an einen bestimmten Ort gelangen. Das zieht sich stringent durch den Roman und ist ein echter Pluspunkt.

Generell habe ich das Buch schnell und gerne gelesen, denke aber nach wie vor, dass ihm ein paar Seiten mehr sehr gut getan hätten, um eine tiefere Verbindung zu den Charakteren herzustellen.

 

Sarina Bowen. The Ivy Years.
311 Seiten
Paperback
LYX Verlag (Bastei Lübbe)
12,90 Euro

 

 

Michael Cunningham: Ein wilder Schwan

Als Märchen-Liebhaberin durch und durch habe ich mich sehr auf die umgeschriebene Märchensammlung für Erwachsene gefreut. Bislang konnte ich nicht nur auf sämtlichen Flohmärkten Märchenbücher aus aller Welt nicht ignorieren, ich habe auch meine mündliche Bachelorprüfung zum Thema Kunstmärchen gehalten. An Märchen mag ich, dass man die Spielregeln kennt. Der Aufbau, das Figurenpersonal, die Rollen der einzelnen Figuren, alles ist bekannt und kann nicht für große Überraschungen sorgen. Perfekt also für eine entspannte Lektüre, die in fantastische Welten entführt!

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Michael Cunningham jedoch hat die bekannte Märchenformel ordentlich umgekrempelt und unsere liebsten Märchenhelden in die Neuzeit überführt. Da reihen sich dann Worte wie „Schloss“ und „Party“ ganz selbstverständlich aneinander, das Pferd hat eine Fehlzündung und die Prinzessin einfach keine Lust auf Shoppingtouren. Was zunächst gewollt und unpassend klingen mag, reiht sich perfekt in die lakonische Erzählweise ein. Die Hexe aus „Hänsel und Gretel“ wird zur verrückten Alten mit einer einsamen Vorgeschichte. Und der jüngste Bruder aus dem Andersen-Märchen „Die wilden Schwäne“ muss lernen, seinen Schwanenflügel zu akzeptieren und mit ihm zu leben. Laut lachen musste ich bei der Schilderung, wie dieser Flügel ihn im modernen Alltag in U-Bahnen und Kaufhäusern behindert. Toll fand ich auch die experimentelle Art und Weise Schneewittchen nur in wörtlicher Rede nachzuerzählen und sie so quasi selbst sprechen zu lassen. Durch diese Abwechslung von Märchen zu Märchen bleibt das Buch unterhaltsam und kurzweilig. Die einzelnen Geschichten umfassen nur wenige Seiten und können auch wahlweise gelesen werden, ohne auf die Reihenfolge zu achten.
Besonders gefallen hat mir auch der nüchterne Tonfall kombiniert mit rhetorischen Fragen und Wortwitz.
Insgesamt ist das Buch beste Unterhaltung für alle, die gerne Märchen mögen und sich auf eine experimentelle Umsetzung einlassen können.

 

Michael Cunningham. Ein wilder Schwan.
155 Seiten
Luchterhand Verlag
19,00 Euro

 

Jasmin Arensmeier: Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode

Der Gedanke, dass mein klassischer Moleskine-Kalender einfach nicht genug Seiten hat, um dem Kalender diesen ganz speziellen, eigenen Anstrich zu verleihen, war schon länger in meinem Kopf. Ich bin definitiv ein Mensch, der ein Faible für Planer, Listen und Organisation jeglicher Art hat. Aber dennoch habe ich jedes Jahr erneut auf ihn zurückgegriffen und meinen Alltag mit ihm geplant – vielleicht aus Bequemlichkeit oder mangelnder Kreativität.

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Nachdem ich mir nun aber das Buch „Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode“ von Jasmin Arensmeier (vom Blog Tea&Twigs) durchgelesen habe, habe ich mit dem Zuklappen des einen Buchdeckels quasi simultan mein Notizbuch aufgeschlagen und mich ans Werk gemacht. Und dabei habe ich das Buch immer und immer wieder durchgeblättert, bin zu einzelnen Seiten zurückgekehrt und habe angefangen, mir Tracker nach den Vorlagen zu erstellen. Das Buch ist auf jeden Fall eine Inspirationswucht, das mag vor allem auch an den anschaulichen Bildern liegen, die alle von der Autorin selbstgemacht sind.
Der Ratgeber punktet aber auch dadurch, dass er angefangen von der Journaling-Definition über den Blick ins Buch bis hin zu DIY-Projekten einen Kreis vollzieht, der einem den perfekten Überblick verschafft und dazu einlädt, in ausgewählte Themen tiefer einzutauchen. Bei mir war der Inspirationsfaktor daher definitiv am größten, aber auch an Wissen konnte ich einiges aus dem Buch mitnehmen, da wirklich viele Themen angeschnitten werden. So beispielsweise auch Handlettering – ebenfalls ein Thema, für das ich mich schon lange interessiere. Diesen Mehrwert mochte ich sehr an diesem Ratgeber.

Fazit:
Für Einsteiger in das Thema Bullet Journaling wie mich kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Und denjenigen, die Inspiration oder einfach mehr Pfiff in ihren Journals brauchen, ebenfalls. Das Buch nimmt einen bei den ersten Schritten an die Hand – und lässt zu, dass man seinen eigenen Weg mithilfe der vielen Vorschläge und unterschiedlichen Tools findet.

Jasmin Arensmeier. Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode.
Südwest-Verlag
192 Seiten
15,00 Euro

 

Isabelle Autissier: Herz auf Eis

Das Buch, das ich über die Weihnachtsfeiertage hinweg wie eine Süchtige gelesen habe, war der Überlebensroman Herz auf Eis von der französischen Autorin Isabelle Autissier, die selbst eine erfolgreiche Seglerin ist. Kaum überraschend also, dass sie sich leichthin in das Pariser Wohlstandspaar Ludovic und Luise hineinversetzen kann, die genug haben, von der monotonen Alltagsmaschinerie und sich daher für einen sechsmonatigen Abenteuertrip mit dem Segelboot entscheiden. Um richtig zu leben, sich wieder lebendig zu fühlen. Als sie auf der Insel Stromness in Südgeorgien stranden, richtet sich Luises Überlebensdrang und ihre bedachte Art gegen Ludovics spielerischen Leichtsinn und seine Frohnatur. Durch diese von Anfang an explosive, aber sehr interessante Grundstruktur, spitzt sich die Situation auf der Insel rasant zu. Denn schnell ist klar, dass sie auf der unbewohnten, unter Naturschutz stehenden Insel überwintern müssen.

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Für mich war dieser Roman eine Extremerfahrung, wie ich sie literarisch noch nicht erlebt habe. Nachhaltig beschäftigt mich das Schicksal von Ludociv und Luise und auch über die Grenzen der Erzählung hinaus bringt sie mich zum Nachdenken, stellt die Autorin in ihrem Werk doch sehr zentrale Fragen:
Wie transformiert eine scheinbar ausweglose Situation die Menschlichkeit? Was bleibt von der Liebe übrig, wenn man sich nicht länger aufeinander, sondern auf den Kampf ums Überleben konzentrieren muss und sich dabei möglicherweise gegenseitig zurückhält? Wie überlebensfähig ist der Mensch heute ohne jegliche Kommunikationsmöglichkeiten und technischen Unterstützungen?
Besonders gelungen fand ich die Aufteilung in zwei Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit der unbeschönigten Erzählung des Lebens auf der Insel und kommt dabei, vielleicht manchmal sogar zu schnell, zur Sache, wohingegen der zweite Teil dem Leser eine Atempause schenkt und sich mit der Reflexion der Geschehnisse beschäftigt. Wie in einem Psychogramm werden die Hauptcharaktere beleuchtet. Dass konstant diese beiden Ebenen aus erleben und reflektieren vorhanden sind, hat mir beim Lesen besonders gut gefallen. Der auktoriale Erzähler hat mir Hoffnung gegeben, dass das Ganze gut ausgehen mag. Dennoch kommt der Verlauf unerwartet und erwischt einen immer wieder – eiskalt. Isabelle Autissier fasst ihre Figuren nicht sanft an, sie lässt sie die geballte Naturgewalt ihrer Gefühle und ihrer Umwelt erleben, dringt dabei jedoch in jeden Winkel ihrer Empfindungen vor.

Für mich ist das Buch jetzt schon ein Highlight und ich werde es wohl unzählige Male weiterempfehlen, wenn ich 2018 nach einem Buch-Tipp gefragt werde.

Auf das Lesejahr 2018 freue ich mich besonders, da ich das Gefühl habe, dass ich das Lesen wieder besser in meinen Alltag integrieren kann, nachdem ich damit 2017 meine Probleme hatte.

Meine liebsten Poetinnen

Gedichte sind etwas Wundervolles, in wenigen Zeilen konservieren sie so viele Bilder und Gefühle, dass es oft erst beim wiederholten Lesen und darüber Nachdenken gelingt, das Werk in seiner Gesamtheit zu erfassen.
Poetinnen, die mich schon lange begleiten und zu deren Werke ich immer wieder greife, sind Mascha Kaléko und – Überraschung – Else Lasker-Schüler. (Hier geht’s zur ausführlichen Schwärmerei).
Ich mag die weibliche Stimme in ihren Werken, die sich vor allem bei Lasker-Schüler immer wieder drastisch ändert, wenn sie in die Rolle des Prinzen von Theben schlüpft. Aber gerade diese Wandelbarkeit ist es, die mich an ihr am meisten beeindruckt. Das, und ihre Wortkreationen, wie beispielsweise im Gedicht Tibetteppich. „Himmellang“, „Lamasohn“, „Moschuspflanzenthron“ sind nur ein paar exemplarisch herausgekramte Okkasionalismen, die dem Gedicht diesen exotischen Ton verleihen.

Ein alter Tibetteppich

Deine Seele, die die meine liebet,
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet.

Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.

Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.

Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?«

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Mascha Kaléko hingegen scheint einem beim Lesen ihrer Gedichte weniger fern zu sein. Klar und oftmals nüchtern sind ihre Werke, wie es auch für die Epoche der Neuen Sachlichkeit üblich ist. Zunächst mögen die Worte nicht so sagenumwoben und geheimnisvoll klingen, dafür brennen sie sich mit ihren treffenden Metaphern mindestens genauso stark ins Gedächtnis. Vor allem das Gedicht Für Einen ist für mich die ultimative Liebeserklärung.

Für Einen

Die andern sind das weite Meer.
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir: kannst ruhig schlafen,
ich steure immer wieder her.

Denn all die Stürme, die mich trafen,
sie ließen meine Segel leer.
Die andern sind das bunte Meer,
du aber bist der Hafen.

Du bist der Leuchtturm,
letztes Ziel.
Kannst, Liebster, ruhig schlafen.
Die andern … das ist Wellenspiel,
du aber bist der Hafen.

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Manchmal denke ich, ich habe mir die beiden Lyrikerinnen ausgesucht, da sie wie zwei Pole aus Vernunft und Irrationalität, aus Exotik und Gewohnheit sind. Auch ich fühle mich von Zeit zu Zeit zwischen beiden Extremen hin- und hergerissen.

 

Simone Lappert: Wurfschatten

Bereits der Titel des Romans ist außergewöhnlich – Wurfschatten. Was versteht man unter diesem Substantiv? Das habe ich mich auch gefragt, als ich das Buch das erste Mal in der Hand hielt und vielleicht auch aufgrund dieser Neugier sofort zu lesen begonnen habe. Nicht zuletzt, weil ich ein ewiger Fan von Neologismen bin. Vielleicht handelt es sich bei dieser Wortneuschöpfung um eine Umdrehung des Wortes Schattenwurf, sicher bin ich mir dabei aber nicht. So wie ich mir bezüglich der Geschichte bei fast gar nichts sicher bin. Ada, 25 und Schauspielerin, leidet unter Angstzuständen und Panikattacken, die sich vor allem in der Nacht bemerkbar machen. Das Buch lebt mit der detaillierten Beschreibung eben jener Zustände komplett in der Gegenwart, Gründe für die Angst vor dem Leben werden keine genannt. Dem gemäß wird auch keine Vorgeschichte angeschnitten, die dem Leser eine Interpretationshilfe an die Hand geben könnte. Das bewirkt, dass man als Lesender ebenso unwissend und verunsichert ist wie Ada selbst, die ein ganzes Zimmer ihrer Wohnung der Angst widmet. Dort hängt sie Bilder von all den Dingen auf, die ihr zustoßen könnten. Dass das keine hilfreiche Therapieform ist und sie nur noch mehr lähmt, versteht sich von selbst. Schade ist, dass Ada das nicht verstehen kann und sich zudem keine professionelle Hilfe suchen möchte. Als Leser verzweifelt man dabei ein bisschen, da der Roman so geschrieben ist, dass man mit der Protagonistin fühlt und ihr mehr als einmal gerne eine helfende Hand durch die Buchstaben reichen würde.

Letztlich rettet den Leser, nicht Ada, jedoch immer wieder die poetische, feinsinnige Sprache von Simone Lappert. Da sind Beobachtungen, die inne halten lassen, Wortkonstruktionen – wie eben jene des Titels – die nachdenken lassen. Anfangs wollte ich einen Vergleich zu dem Roman Tessa von Nicola Karlsson ziehen, aber mit fortschreitendem Seitenumblättern musste ich feststellen, dass die Bücher nicht viel gemeinsam haben, außer das Thema einer zeitweise verlorenen, in den eigenen psychischen Untergründen gefangenen Protagonistin. Bleibt Tessa jedoch stets in der Abwärtsspirale gefangen, so gibt es bei Ada Hoffnungsschimmer und Licht, das durch die dicke Wolkendecke bricht.

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Sprachlich kann ich das Werk wirklich jedem empfehlen. Einzig die Thematik kann stellenweise etwas zäh und vage anmuten, was jedoch wieder Dependenzen zur sprachlichen Gestaltung hat, wenn eben dieses Unergründliche genauestens seziert und beschrieben wird. Vielleicht heißt das Buch auch deshalb Wurfschatten, weil sich der Schatten in Adas Leben praktisch von selbst wirft, ohne dass man herausfinden kann, welches Objekt in ihrem Leben tatsächlich der Schattenspender ist.

Simone Lappert. Wurfschatten
Metrolit Verlag
207 Seiten
20,00 Euro (gebundene Ausgabe)

 

 

Mhairi McFarlane: Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt

Gleich vorweg: Um romantische Komödien in Buchform mache ich normalerweise einen großen Bogen. Nicht aber wenn der ungewöhnliche Name Mhairi McFarlane auf dem Cover steht. Denn der hat sich mittlerweile zu einem Versprechen gemausert, dass mir der Inhalt garantiert gefallen wird. Und so war es auch bei diesem Buch erneut der Fall, dass ich, ebenso wie bei den bislang erschienenen drei Romanen, von der Geschichte und den lebhaften Charakteren regelrecht eingesponnen wurde.

Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt, das denkt sich Edie (eigentlich Edith), als sie auf der Hochzeitsfeier ihres Kollegen Jack von eben jenem geküsst wird. Mit der Braut als Augenzeugin bleibt Edie keine andere Wahl, als ihren Arbeitsort und ihren Wohnsitz für unabsehbare Zeit in ihre Heimatstadt zu verlagern, bis sich der schlimmste Sturm gelegt und die große Ächtung verzogen hat. So lange ist sie damit beschäftIMG_1134igt, die Biographie von dem berühmten Schauspieler Elliot Owen zu schreiben.

Wenn man den Inhalt kurz paraphrasiert, klingt es kitschig, das kann man kaum verleugnen. McFarlanes Bücher werden aber gerade dadurch so besonders, dass sie es trotz des vermeintlich klischeehaften Stoffes eben nicht sind. Das mag zum Einen an ihren Figuren liegen, die allesamt Charaktermenschen mit Schwächen, Eigenheiten und Wünschen sind, in die man sich auch deshalb so gut reinversetzen kann. Zum Anderen aber auch daran, dass das Figurenarsenal ganz genau auf die Entwicklung der Geschichte zugeschnitten ist. Es gibt gefühlt keine überflüssigen Personen, jeder einzelne eingeführte Charakter ist für den Ausgang und die unvorhersehbaren Twists unverzichtbar. Wenn man schon mehrere Bücher von Mhairi McFarlane gelesen hat, weiß man, dass auch die Grundkonstellation der Personen immer ähnlich ist: Da gibt es die beste Freundin, die der Zufluchtsort wird; da gibt es das Elternhaus, das oft mit Problemen belastet ist und dann gibt es die zwei Männer, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Toll finde ich dabei auch, dass es nicht etwa den Typus „böser Betrüger“, „eitle Berühmtheit“ oder „uneinsichtiger Snob“ gibt, sondern hinter allen Typen mehr steckt, wodurch die Romane und auch vor allem dieser eine gewisse Mehrdimensionalität bekommt, die der Geschichte zusätzlich an Lebhaftigkeit verleiht.

Auch die Frauenfiguren sind ein Grund für meine große Begeisterung für die romantischen Komödien von McFarlane. Stets sind die Protagonistinnen erfolgreiche, selbstbewusste, selbstreflektierte und liebevolle Frauen, die mitten im Leben stehen. Dabei haben sie die unterschiedlichsten Körperformen und Modevorlieben und sind dabei vor allem sehr lebensnah. Klischees gibt es quasi keine.

Und nicht zuletzt mag ich die Romane deshalb so gerne, weil sie mich zum Lachen bringen. Und das auch wirklich manchmal in voller Lautstärke. Und ich behaupte, keine romantischen Komödien zu mögen…

Mhairi Mc Farlane. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.
Droemer Knaur.
544 Seiten
10,99 Euro

Cecelia Ahern: Flawed/Perfect

Schon vor längerer Zeit habe ich die Perfect/Flawed-Duologie von Cecelia Ahern gelesen, die ich bislang nur mit dem wahrscheinlich jedem bekannten Roman P.S: Ich liebe Dich verbunden hatte, aber wie das so ist, hat die Herbstgemütlichkeit mit voller Kraft zugeschlagen und mich mit all den Heißgetränken, Serien und Kürbissuppen in ihren Bann gezogen. Kurz habe ich mich jetzt aber befreit, um meine Meinung zu der Reihe kund zu tun.
Dadurch, dass die beiden Romane im Genre Dystopie angesiedelt sind, sollten sie eigentlich schon voll ins Schwarze treffen bei mir. Jedoch war mir der Ton etwas zu umgangssprachlich und der Schreibstil ein wenig zu simpel. Es gibt starke Passagen mit Sätzen, die ich mir tatsächlich anstreichen würde, jedoch wirken diese wir künstlich gezüchtet und in einen ansonsten recht langweilig konstruierten Garten gesetzt und mögen sich nicht so recht mit der Umgebung verbinden. Daher wirken sie seltsam isoliert und bremsen den Lesefluss eher, als ihn anzutreiben. Auch hatte ich beim Lesen des zweiten Bandes das Gefühl, als hätte ich den ersten gar nicht unbedingt lesen müssen, um der Geschichte zu folgen, da gefühlt jede Nebenhandlung an den entsprechenden Stellen zusammengefasst wird. Auch das hat das Buch für mich unnötig langatmig gemacht.

In Celestine, die Protagonistin, habe ich die Hoffnung gesteckt, dass ich mit ihr eine starke weibliche Hauptfigur erlebe und wurde auch hier teilweise enttäuscht. Zwar trägt sie das Geschehen und wirkt stets klug sowie überlegt, jedoch mangelt es ihr an der Eigenständigkeit, die für eine Rebellionsfigur eigentlich essentiell wäre. Anstatt ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Kraft aus sich selbst zu ziehen, braucht sie stets einen männlichen Counterpart. Zunächst ist dies Art, der perfekte Sohn des Oberhaupts der Gilde, mit dem sie sich als makelloses Mustermädchen anfangs komplett identifiziert und seine Perfektheit, so scheint es, nutzt, um selbst noch ein bisschen fehlerfreier zu werden. Denn fehlerfrei zu sein, das ist alles, was zählt. Neben der sitzenden Frisur und den vermeintlich richtig intendierten Entscheidungen. Als dann durch eine Tat der Mitmenschlichkeit die Definition der Perfektion nicht länger auf sie zutrifft, bindet sie sich gedanklich an den ebenfalls fehlerhaften Bad Boy Carrick und macht ihr Handeln fortan von seiner Präsenz abhängig. Dadurch unterscheidet sich Celestine von einer starken Frauenfigur, wie sie beispeilsweise in Katniss Everdeen zu finden ist. Leider waren beide Liebesgeschichten (Art & Celestine und Carrick & Celestine) für mich nicht mitfieberungswürdig.

Nach dem ganzen Gemecker kann ich jetzt aber auch noch ein paar Aspekte loben:

  1. Die Idee, Menschen als fehlerhaft zu brandmarken und dies an den betreffenden symbolischen Körperstellen zu tun, hat mir gefallen, da sie für mich neu war und gut funktioniert hat. Es war kein komplexer neuer Gesellschaftsentwurf in der Zukunft notwendig, sondern konnte direkt in die Gesellschaft von heute integriert werden.
  2. Den Begriff der „Whistleblower“, der auch im deutschen Buch nicht übersetzt wurde, zu nehmen und aus ihm Wächter zu machen, die auf die Fehlerhaften achten, sodass diese keine der auferlegten Regeln brechen, hat mir ebenfalls gefallen. Vor allem auch deshalb, da die geläufige Bedeutung von Whistleblower eine Person ist, die wichtige Informationen beispielsweise der Regierung oder einer anderen Institution an die Öffentlichkeit bringt. Dass sie im Roman für den Staat arbeiten und den Bürgern die Freiheit rauben, war eine überraschende Umkehrung des Begriffs, die ich interessant fand.
  3. Die Mutter. Waren für mich die Nebencharaktere teilweise etwas zu flach gezeichnet wie beispielsweise Celestines kleine Schwester Juniper, hat mir die Mutter der beiden umso besser gefallen. Die Wandlung, die sie durchmacht, ist glaubwürdig und kraftvoll. Letztlich habe ich, glaube ich, in ihr doch noch meine starke Frauenfigur gefunden.

 

Flawed. Cecelia Ahern
Verlag: Fischerverlage
480 Seiten
18,99 € (gebunden)

 

 

Megan Hunter: Vom Ende an

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Die Dystopie Vom Ende an von Megan Hunter war für mich ein lyrisches Leseerlebnis, das ich so bislang nicht erlebt hatte. Das mag an der experimentellen Form liegen oder an den kafkaesken Figurenbezeichnungen, denn die Charaktere sind allesamt namenlos. Alles, was von ihren einstigen Namen übriggeblieben ist, ist der Anfangsbuchstabe. Als wäre der Rest des Namens durch die sintflutartigen Regenfälle einfach weggewaschen worden, zu unwichtig in einer Zeit des Endes, um Erwähnung zu finden.
Umso bedeutender finde ich es, wenn am Anfang des Buches der Nachwuchs der Protagonistin geboren und „Z“ getauft wird. Dadurch erhält der Romantitel eine Sinnhaftigkeit, die ich beeindruckend finde, da das Ende tatsächlich zum Beginn gemacht wird. Experimentell ist das Buch aufgrund der Stakkato-Sprache, da sich Absätze über kaum mehr als zwei Sätze erstrecken. Dabei ist jeder Absatz ein Bild, ein Gedanke, eine Handlung, die oft nicht auf Anhieb verstanden wird. Daher eignet sich das Buch auch definitiv nicht als Urlaubslektüre, sondern erfordert es mit aktivem Gedankenkarussell gelesen zu werden, mit dem Risiko, dass man nicht sicher sein kann, ob man einen Absatz tatsächlich so verstanden hat, wie es die Autorin intendiert hat. Aber das macht auch den Interpretationsspaß des Buches aus. Ein bisschen ist es wie ein in Geheimschrift verfasstes Buch, das zunächst entschlüsselt werden will. Was man dann gewinnt, ist ein Leseerlebnis bestehend aus Erkenntnissen und Rätselspaß. Die knappe Sprache hat mir dabei das Gefühl verliehen, als seien es manchmal zu viele Worte und manchmal nicht genug. Durchweg beeindruckt hat mich, wie mit so wenigen Worten eine Handlung aufgespannt und kohärent verfolgt werden kann. Dabei wird immer wieder aus der direkten Handlung herausgezoomt und in der Vogelperspektive auf die Geschehnisse geblickt. Ein Wechsel, der mir sehr gut gefallen hat und dem Roman eine gewisse Struktur gegeben hat.

Gekauft habe ich das Buch, weil im Klappentext darauf hingewiesen wird, dass Megan Hunter als weibliches Gegenstück zu Cormac McCarthy gesehen werden kann, dessen Dystopie Die Straße ich ja sehr liebe, wie in diesem Eintrag geschildert.

Für mich ist Cormac McCarthy mit seinem Roman aber noch wuchtiger und prägender, es gibt mehr Innenhandlung und auch Entwicklungen der Charaktere. Die müssen bei Megan Hunter durch die sehr rudimentäre, poetische Sprache zwingend auf der Strecke bleiben. Daher finde ich einen Vergleich der beiden Endzeitgeschichten schwierig. Gemeinsam haben sie lediglich die Auswirkungen der Apokalypse auf die Menschlichkeit und die dadurch kurz gehaltene und abgehackt wirkende Sprache, die bei Megan Hunter weitergeführt und zu einem Extrem wird. Bei Cormac McCarthy hingegen wechseln sich die Stakkato-Sätze und langen, erzählenden Passagen noch ab. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb ich immer noch Die Straße vorziehen würde, wenn man mich fragen würde, welche meine liebste Dystopie ist. Aber ein Lieblingsbuch wird eben nicht so schnell vom Thron gestoßen. Letztlich fehlen mir bei Hunter die erklärenden Passagen, inneren Monologe und Entwicklungen.

Vom Ende an. Megan Hunter
Verlag: C.H. Beck
157 Seiten
16,00 € (gebunden)

Nicola Yoon: Everything, everything

Selten kommt19490023_1560095304035141_1559696857_o es vor, dass ich genau dann zu einem Buch greife, wenn der Kinostart der Verfilmung kurz bevorsteht. Bei Everything, Everything (deutscher Titel: Du neben mir; wie unkreativ dieser Titel ist, lasse ich an dieser Stelle mal außen vor) war genau dies der Fall.
Die kurzweilige Geschichte von der wissbegierigen Maddy mit ihrer kindlichen Begeisterung für den Humuhumunukunukuapuaa, den hawaiianischen Staatsfisch, für die die Welt, in der sie aufgrund einer Immunsystemerkrankung tatsächlich leben kann, auf ihr steriles Haus beschränkt ist, hat für mich einen ganzen Sommertag zur Genüge gefüllt und ihn erinnerungswürdig gemacht. Und ja, ich weiß, es ist wieder ein Krankheitsbuch, aber auch bei diesem überwiegt die Lebensbejahung deutlich.
Seit langer Zeit habe ich einen ganzen Tag mal wieder einem Buch gewidmet und es von morgens bis abends festgehalten, wo auch immer ich hingegangen bin. Ich bin mit dem Buch in der Hand durch das Haus gewandert, tatsächlich lesend, auf der Treppe keine gute Idee!, oder in Gedanken stets in Maddys Welt verhangen. Die poetische Sprache und die Schilderung Maddys Innenlebens haben mich stets zur nächsten Seite und zur nächsten und wieder nächsten getrieben, bis es schließlich keine nächste Seite mehr gab.

Die Geschichte mutet ganz unschuldig und etwas kindlich an, da Maddy ihren eintönigen Alltag mithilfe von Zeichnungen und Diagrammen illustriert, die mich, zugegeben, zunächst abgeschreckt haben, weil ich Zusammenhänge lieber in einem flüssig geschriebenen Text präsentiert bekomme, anstatt sie aus Zeichnungen zu entnehmen. In diesem Buch haben diese Seiten jedoch zur Authentizität und zur Ausschraffierung Maddys Charakter beigetragen und so habe ich mich dann nach den ersten Seiten daran gewöhnt. Maddys Hunger auf das richtige Leben, das, in dem sie neben ihrem Lieblingsfisch im Ozean schwimmen kann, erwacht, als der waghalsige Olly in das Nachbarshaus einzieht. Somit ist die erste große Liebe Maddys Wendepunkt in ihrem Leben, wie sie es auch in dem Leben vieler Menschen ohne schwere Krankheit ist.

Für mich war die Geschichte im großen Ganzen mehr als die blumige Schilderung einer ersten Liebe mit Hindernissen; nämlich ein Weckruf, dass das Leben nicht immer sicher sein kann, dass Risikos zum Leben gehören und man nur wissen muss, welchen Mehrwert es bieten kann, diese Risikos tatsächlich bei vollem Bewusstsein der Konsequenzen einzugehen. Bereits ab Mitte des Buches hatte ich so eine Ahnung, dass hinter der Krankheitsgeschichte von Maddy mehr stecken könnte und lag im Endeffekt mit dieser Einschätzung am Ende richtig. Durch diesen sehr logischen und nachvollziehbaren Twist hat die Botschaft der Geschichte für mich an Eindringlichkeit und Aktualität gewonnen und für mich persönlich auch die Frage aufgeworfen, wie einschränkend eine tiefe Liebe für das geliebte Subjekt letztendlich sein kann und darf. Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass für mich die Auflösung zum Teil nachvollziehbar war, was umso wachrüttelnder ist, wenn man ad hoc Maddys Reaktion präsentiert bekommt und sich selbst fragen muss, wie man denn selbst lieben möchte. Für mich war die Geschichte auch ein Appell daran, dass jeder selbst entscheiden muss, welche Formen seine Liebe für einen anderen Menschen annimmt und dass stets die Gefahr der einschränkenden, obsessiven Liebe in der Luft hängt. Ich zumindest konnte in dieser Geschichten über keinen Charakter, ausgenommen von Ollys Vater und der Evil Nurse, die nur am Rande vorkommen und die Handlung weiter motivieren, den Kopf schütteln.

Natürlich führt mich mein Weg an diesem Wochenende ins Kino, um die filmische Umsetzung wahrscheinlich leicht kritisch zu beäugen und Vergleiche zu ziehen. Letztendlich freue ich mich jedoch, einen weiteren Tag dieser liebevoll gestalteten Geschichte widmen zu können.

Everything, Everything. Nicola Yoon
Verlag: Corgi Books
306 Seiten
7,99 € (Taschenbuch)